Die beiden Bücher habe ich letztes Jahr schon gelesen. Beide mochte ich wirklich gerne und ich konnte mir natürlich wieder das ein oder andere Zitat markieren. Aber seht selbst:
Seite 27 // "Ich habe Zeit. Und habe vergessen, was das ist: Zeit haben. Was für ein irrtümlicher Ausdruck. Als könne man Zeit haben, besitzen."
Seite 31 // "Wie liebt und hütet man einen Mann, der an dem Tag zusammenbricht, an dem man ihm gesagt hat, man könne nicht mehr leben mit ihm. Was tun, wenn das blöde Schicksal sich zweimal auf dieselben stürzt. Wenn auch sie krank wird, und es immer schwieriger wird, nicht zu hadern. Wie verändert sich das Verhältnis zu anderen Menschen, wie lernt man, sich nicht kränken zu lassen, wenn einige, die sich einst Freunde nannten, aus Angst vor Krankheit und Schwäche wegbleiben. Wie klaffen Wirklichkeit und Wahrnehmung in einem solchen Leben auseinander."
Seite 35 // "Zehn Jahre lang sitzt die Angst mit am Tisch - oder ihre kleinen Cousinen Unruhe, Sorge, Bangigkeit sitzen neben mir auf dem Sofa, am Schreibtisch, stehen mit mir am Herd, liegen mit mir im Bett. Es ist gut, es ist vernünftig, Angst zu haben, aber wenn die Angst uns hat, dann sind wir verloren."
Seite 37-38 // "Sie sehen völlig nixig aus, hat mir einmal eine imposante Frau ins Gesicht geschmettert, als ich schüchtern und unsicher auf einer ihrer berühmten Partys in New York herumstand - nicht eingeladen, sondern mitgebracht. Der Satz hat mich verfolgt. Und erst später, als ich selbst alt wurde, habe ich mich damit getröstet, dass sie zwar recht hatte, als sie nichts fand in mir, aber dass sie auch böse war, böse auf ihre alternde Schönheit und mich, die ich vor ihr stand, jung und mit leerem Gesicht, in dem aber noch viel Platz war für neue Lebendigkeit."
Seite 44 // "Sein Zustand hat mir so weh getan, dass ich manchmal wütend wurde mit ihm, um den Schmerz wegzuschimpfen."
Seite 45 // "Menschen, die ihre eigenen Gefühle nicht kennen und auch nicht die der anderen, sind nicht nur unglücklich, sie können gefährlich werden. Weil sie Härte mit Stärke verwechseln und Mitgefühl mit Schwäche. Weil sie denken, es sei besser zu nehmen als zu geben. Und Freundlichkeit sei nur was für Weicheier. Die ihren Schmerz in Verliese einmauern und riesige Felsblocken aus Arroganz, Abwehr, Urteil und Zorn vor die Tür rollen, damit er unerreichbar bleibt."
Seite 67 // "Und immer wieder habe ich mir Kraft aus der Literatur geholt. Wenn ich mich hineinflüchten wollte in andere Leben, Leidenschaften, Traurigkeiten. Wenn andere Welten entstehen sollten in mir als die, in der ich war. Ich habe immer Schrifsteller beneidet, weil sie sich das, was sie selbst nicht haben, schreiben können. Und beim Schreiben nah und tief fast leben, was sie sich erfinden. Lesen ist immerhin die zweitbeste Option, um aus der eigenen Wirklichkeit zu entschlüpfen, und - war man eben noch Raupe - nun als Schmetterling durch die Lektüre zu fliegen."
Seite 87 // "Gerade jetzt will ich Geschichten hören. Aus dem normalen Alltag, dem verrückten Alltag, egal, irgendwas. Einmal erzählt mir ein befreundetes Paar von der Krise, in der sie Monate gesteckt hätten. Wir wollten dich nicht belasten, sagten sie. Ich begehre auf. So sperrt ihr mich doch noch mehr ein in seine Krankheit."
Seite 92 // "Und warum wolltest du dich umbringen?, frage ich. Weil alles sinnlos ist. Das ist nicht neu, sage ich, sinnlos war das Leben für dich auch vorher schon - aber darf ich dich zitieren: Man braucht einen Hilfssinn im Leben, und das sind andere Menschen. Ich bin ein anderer Mensch, also bin ich Lady Hilfssinn."
Seite 94 // "Er war mir lästig. Er hat mein Leben eingeschränkt, und ich konnte mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen. Heute bin ich frei, kann raus, kann weg, kann die Stadt entdecken, ins Kino gehen und kann sogar reisen, kann mein zerschrammtes und schrundiges Ich in die Welt schicken. Aber die Leere bleibt, die Leere, wenn niemand mehr neben mir atmet, der mir lästig ist."
Seite 134 // "Aber vielleicht ist ein schwieriges Leben wirklich ein paradoxes Glück, weil es einen fordert und zeichnet, weil man demütiger wird und lernt, weil man andere und auch sich selbst sorgsamer wahrnimmt. Es jedenfalls versucht."
Seite 141 // "Vor der Krankheit hatte sie Angst, ihn zu verlassen. In der Krankheit hat sie jeden Tag Angst, in zu verlieren."
Seite 190 // "Silvia Bovenschen beschreibt in ihrem klugen Buch übers Älterwerden, dass sie - wenn sie aus ihrem italienischen Ferienort am Meer wegfuhr und traurig war - doch zugleich freudig wusste, dort glücklich gewesen zu sein. Das habe sie getröstet. Ob es beim Abschied vom Leben auch hilft, sich in aller Traurigkeit sagen zu können, dass man dort im Leben glücklich war."
Seite 196 // "Denn ist nicht die Aussicht auf Sterbehilfe tatsächlich eine grandiose Lebenshilfe? Weil die Gewissheit für unheilbar Kranke, dass am Ende des Weges jemand steht, der ihnen hilft, gehen zu dürfen, eine tröstliche Erleichterung bedeutet, in der es sich fraglos besser leben lässt."
Seite 210 // "Monatelang kommen die Freunde zu mir, weil ich die Wohnung kaum verlassen kann. Wie geht man weg, wenn niemand da ist, zu dem man zurückkommt. Wie schließt man eine Tür hinter sich ab, wenn niemand mehr hinter der Tür auf einen wartet. Wie kann man weg sein, wenn er nicht zu Hause ist."
Seite 218 // "Man ist nicht länger, wer man war, und ist noch nicht, wer man sein könnte, vielleicht sein wird. Man ist nicht. Und weiß nicht, wie man sein kann ohne Wir und ohne Ich."
(Bild- und Zitatrechte: Rowohlt Verlag.)
Seite 36 // "Ihre Strategie, mit diesen Sorgen umzugehen, war, sie auszusprechen, so als könnte sie damit den Lauf der Dinge beeinflussen und jegliche Gefahr bannen. Was sie aussprach, trat nicht ein. Davon war sie überzeugt. Das war ihre Versicherung gegen die Unwägbarkeiten des Lebens."
Seite 98 // "Ich wusste nicht, wovon ich träumen sollte oder wer oder was ich sein wollte. Ich war mir ja nicht einmal sicher, wer ich jetzt gerade war. Andererseits fragte ich mich, ob es nicht für jeden etwas gab, in dem er wirklich gut war? Etwas, das einen erfüllt und rettet vor der Seltsamkeit des Lebens. Zumindest war das in jedem einzelnen meiner geliebten Romane so, die ich gelesen hatte. Aber wie sollte ich dieses Etwas finden?"
Seite 296 // "Nur warum, dachte ich, hatte mich niemand gewarnt? Warum hatte mir nie jemand gesagt, dass Verliebtsein auch so wehtun kann?"
Seite 300 // "Meinen Traum, das musste ich akzeptieren, gab es nicht, hatte es nie gegeben. Solange Juri da gewesen war, hatte ich das verdrängen können. Insgeheim hatte ich womöglich sogar geglaubt, dass sie mein Traum sein könnte. Mittlerweile weiß ich jedoch, dass diese Vorstellung von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Ein anderer Mensch kann nie dein Traum sein. Ein anderer Mensch kann dich höchstens träumen lassen. Oder dich dazu ermutigen, deinen eigenen Traum zu finden."
Seite 331 // "Mit der Liebe ist es wie mit dem Schmerz. Am Ende sind wir immer allein."
Seite 331-332 // "Die Erinnerung verfälscht und verzerrt die Dinge nicht nur. Sie kann sie auch schwärzen. Sie kann Erlebnisse aus deinem Gedächtnis tilgen. Vielen von dem, was dir widerfährt, wird dir eines Tages entfallen sein. Und das ist auch gut so. Andernfalls müsstest du unter der schieren Menge an Belanglosigkeiten und Banalitäten, die sich in jedem Leben anhäufen, zusammenbrechen. Wir können uns nämlich nur erinnern, weil wir auch in der Lage sind zu vergessen."
Seite 333 // "Manchmal tun wir aus den richtigen Gründen das Falsche. Und manchmal aus den falschen Gründen das Richtige. Aber uns allen unterlaufen Fehler. Wir können sie nicht ungeschehen machen. Das Einzige, was uns bleibt, ist, uns an sie zu erinnern, damit wir sie nicht ein weiteres mal begehen."
Seite 337 // "Tja, und ich schätze, das ist das Ende dieser Geschichte. Wobei es natürlich viel leichter ist zu erkennen, wann etwas anfängt, als zu sagen, wann etwas aufhört. Denn wann ist etwas schon wirklich zu Ende? Einige Dinge beschäftigen einen ja noch viel länger."
(Bild- und Zitatrechte: Galiani Berlin Verlag.)
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